Was bedeutet “nutzer:innenorientiertes Arbeiten”? Wir haben doch immer die Nutzer:innen im Sinn! Dies ist ein gängiges und sicher auch wahres Selbstverständnis bei privaten wie öffentlichen Dienstleister:innen. Doch auch wenn der ernstgemeinte Versuch unternommen wird, sich Nutzer:innen und deren Denk- und Handlungsweisen vorzustellen, um einen angebotenen Service in deren Sinne aufzusetzen, entspricht dies leider zumeist nicht deren Verhaltensweisen. Dies kann verschiedene Gründe haben:
- Wir leben heute in einer sehr diversen Gesellschaft. Verwaltung ist der einzige Dienstleister, der jeden Mensch (!) in dieser Gesellschaft gleichermaßen ansprechen sollte: alt, jung, ledig, verwitwet, Familien, blind, Nicht-Muttersprachler:in, körperlich beeinträchtigt, Akademiker:in, Analphabet:in und viele mehr. Diese diversen Verhaltensweisen vorhersagen zu können, ist schlicht unmöglich.
- Alle Menschen haben die Tendenz, aus dem eigenen Arbeitsumfeld und dessen Routinen heraus zu denken - das ist völlig normal. Dennoch führt es dazu, vor allem aus einer Innenperspektive heraus zu handeln und die Außenperspektive mit “Scheuklappen” wahrzunehmen: Services werden also von der “falschen” Nutzung aus konzipiert.
- Mitarbeiter:innen haben Vorwissen, was dazu führen kann, dass Fragen, die sich Nutzer:innen stellen, nicht mehr mitgedacht werden. Die vermeintliche Lösung scheint auf der Hand zu liegen, geht aber leider am Nutzer:innenverhalten vorbei.
Das Schöne ist: Es ist effizienter und freudvoller, Nutzer:innen einzubinden und mit ihrem Know-How eine Dienstleistung aufzusetzen, als später nachzujustieren und den mit unzulänglichen Services einhergehenden Stress für Mitarbeiter:innen aufzufangen.